Die Ultraschallforschung begann in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In dieser Zeit tat sich nicht nur politisch und kulturell eine ganze Menge -auch in der Wissenschaft wurden viele neue Ideen in die Praxis umgesetzt. Bekanntestes Beispiel ist wohl die Quantenmechanik, die revolutionäre Physik der Mikrowelt, die bis heute unsere Vorstellungen vom Aufbau der atomaren Welt bestimmt. 1927 veröffentlichte aber auch ein eher unbekannter Chemiker namens Alfred L. Loomis eine Studie über die „Physikalischen und biologischen Effekte von hochfrequenten Schallwellen“. Darin berichteten Loomis und sein Mitarbeiter Wood zum ersten Mal, dass Ultraschall Bakterien aufbrechen kann. In einer anderen Arbeit aus demselben Jahr beschriebLoomis dann mit seinem Kollegen Richards viele grundlegende Phänomene, die Ultraschall in Lösungen, Festkörpern und reinen Flüssigkeiten initiiert. So zeigten Loomis‘ Untersuchungen z.B., dass Ultraschall die Dispergierung von Quecksilber beschleunigt, ebenso wie die Ausflockung von Silberchlorid, die Hydrolyse von Dimethylsulfat sowie die als „Iod-Uhr'“ bekannte Reaktion. Auch die Entgasung von Flüssigkeiten wurde darin beschrieben und die Tatsache, dass Ultraschall die Siedepunkte von Flüssigkeiten herabsetzt. Nach dieser Pionierarbeit erwachte das Interesse an möglichen Ultraschall-Anwendungen auch bei anderen Forschern. Biologen beschäftigten sich besonders mit dem Effekt, den die akustischen Schallwellen auf Bakterien, Viren und andere Kleinlebewesen ausüben. Man entdeckte nicht nur, dass sich mit Ultraschall fast alle Bakterien leicht abtöten lassen, sondern auch, dass damit Zellen aufgeschlossen werden können, etwa um bestimmte Inhaltsstoffe herauszulösen. Chemiker dagegen studierten hauptsächlich die Auswirkungen von Ultraschall auf anorganische chemische Reaktionen, und zwar meist in einfachen (sog. homogenen) Systemen in wäßrigen Lösungen. Damals verfügten die einzelnen Forschergruppen jedoch über sehr unterschiedlich konstruierte Geräte, die in Leistung, Frequenz und Intensität oft stark variierten. Da diese Faktoren allerdings für einen speziellen chemischen Effekt gerade ausschlaggebend sein können, gab es in dieser Frühzeit der Ultraschall-Forschung oft voneinander abweichende Ergebnisse und es fiel schwer, diese zu verallgemeinern. In den fünfziger und sechziger Jahren entwickelte die Industrie die ersten handlichen, leistungsstarken Homogenisatoren. Nach und nach stellten sich immer mehr Anwendungsmöglichkeiten heraus. Das reichte vom Einsatz beim Plastikschweissen bis zu Materialermüdungstests oder der unterstützenden Wirkung bei der Kristallisation von Metallschmelzen. Mit der einhergehenden Fertigung von leistungsstarken und kostengünstigen Geräten wuchs auch das wissenschaftliche Interesse an der Ultraschallforschung wieder. Vor allem in der Chemie kam es geradezu zu einer Ultraschall-Renaissance und man fand eine Vielzahl von Reaktionen, die unter der katalytischen Wirkung von akustischen Wellen schneller und mit größerer Ausbeute ablaufen. Mittlerweile spricht man schon von einem eigenen Fachgebiet, der „SONOCHEMIE“, deren Vertreter sich seit 1986 regelmäßig zu ihrem internationalen Symposium treffen.
Weiterführende Literatur:
Brown, B. und Goodman, J.E.
High Intensity Ultrasonics – Industrial Applications
Boudjouk, P.
Organische Chemie mit Ultraschall
Weinheim; VCH Verlagsgesellchaft; 1983
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Kirk – Othmer:
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Kuttruff, Heinrich
Physik und Technik des Ultraschall
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Ley, Steven V. und Caroline M.R. Low
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Mason, T.J. und J.P. Lorimer
Sonochemistry
Hemel Hempstead; Ellis Horwood Ltd; 1991
Millner, Dr. Rudolf
Ultraschalltechnik: Grundlagen und Anwendungen.
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Suslick, Kenneth S.
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Weinheim; VCH Verlagsgesellchaft; 1988
Suslick, K.S.
The chemical effects of Ultrasound
Scientific American, S. 62, Feb. 1989
5119i/2004-05